Im Winter 1996 habe ich eine Woche damit verbracht, in einer düsteren Holzhütte Erdbeersamen aus Styropor zu schnitzen. Die einzigen Wärme- (und in meiner Erinnerung auch Lichtquellen) der Hütte waren ein uralter, unzuverlässiger Heizstrahler und der glühende Schneidedraht, mit dem ich große Styroporplatten in unregelmäßige Ovale schnitt, naja, oder eher schmolz, der Draht fraß sich mit einem leisen Zischen durchs Styropor. Anschließend cutterte ich eine Samenrohform, die ich dann mit einer groben Raspel abraspelte und am Ende schliff, bis sie mehr oder weniger glatt war.
Ich war zu der Zeit im praktischen Jahr einer Fachoberschule und ging abwechselnd eine Woche in die Schule und eine zum Praktikum (in dessen Verlauf ich mit einer Hand- und einer Tischkreissäge, einem Drucklufttacker, Unmengen PU-Schaum, Kunstharz, in fünf Metern Höhe und liegend unter einer Zimmerdecke gearbeitet habe) (ich wundere mich noch immer, dass ich das Ganze, abgesehen von extrem beharrlichen Styroporflocken in meiner damals einheitlich schwarzen Kleidung, ohne größere Schäden überstand).
Die Samen jedenfalls endeten auf einer großen Styroporerdbeere, die als Gussform für Glasfasererdbeeren diente, die heute noch im Sommer in meiner Heimatstadt und ihrer Umgebung herumstehen, und aus denen (Obacht, unerwartet!) Erdbeeren verkauft werden. Solltet ihr also jemals an einer dieser Erdbeeren vorbeikommen, guckt ganz genau: Ich habe jeden einzelnen dieser Samen geschnitzt. Und es war bitterkalt. Und die Batterien meines Walkman waren dauernd leer, obwohl ich die Kassetten mit dem Bleistift spulte. So war das damals.